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gelernt, damit ich dir helfe, dich selbst zu beschützen. Ich weiß
es nicht. Vielleicht weiß ich diese Dinge, weil ich dich so sehr
mag.«
Sie hätte dies gern geglaubt. Sie hätte gern jemanden gehabt,
der ihr sagte, was sie glauben solle, denn alles war so
verwirrend geworden. Aber zuerst musste sie wissen, wem sie
trauen konnte. Und das war die wichtigste Frage. »Vielleicht.«
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»Du darfst dich davon nicht unterkriegen lassen, Paige«,
mahnte Timothy. »Du musst dir so schnell wie möglich über
alles im Klaren werden und es hinter dir lassen.«
»Du hast Recht, Timothy. Aber wie mache ich das?«
»Schau dich im Haus um«, erwiderte er. »Vielleicht kannst
du noch mehr von Tante Agnes Hinterlassenschaften finden.
Wer weiß, ein Tagebuch, weitere Briefe, irgendetwas, das dir
wenigstens hilft, die Handschrift zu vergleichen, damit du
sicher sein kannst, dass sie wirklich diesen Brief geschrieben
hat, oder das dir weitere Informationen liefert. Vielleicht wird
es dir helfen herauszufinden, was du tun musst, oder ob sie
überhaupt eine zuverlässige Quelle ist. Wenn du Phoebe
überzeugen kannst, dass sie eine verrückte alte Schachtel war,
wird zwischen euch wieder alles in Ordnung sein.«
»Ich schätze, ich könnte auf dem Dachboden nachsehen«,
sagte Paige.
»Das wäre ein guter Ort«, stimmte Timothy zu. »Aber
kümmere dich nicht um das Buch der Schatten. Du weißt, dass
Phoebe dort schon nachgeschaut haben muss.«
Er hatte Recht. Dass er so oft Recht hatte, wenn es um ihre
Halbschwestern ging, war richtig unheimlich.
»Okay«, sagte sie. »Ich werde mich umsehen. Soll ich dich
anrufen, wenn ich fertig bin?«
»Ich werde dich anrufen«, entgegnete er. »Viel Glück,
Paige.«
Er legte auf. Paige starrte lange Zeit den Hörer an, bevor sie
ihn zurück zur Gabel trug. Woher wusste er, dass es der
richtige Zeitpunkt war, um mich anzurufen?, fragte sie sich.
Aber andererseits, woher wusste er all die anderen Dinge?
Da sie alle zusammen an der Besprechung teilgenommen
hatten, fuhren die Mitglieder der Sonderkommission diesmal
sofort zum Tatort. Als sie mit drei verschiedenen Autos am
Fuß von Telegraph Hill eintrafen, näherten sie sich gemeinsam
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der Leiche. Uniformierte Officers hatten den Tatort bereits
abgesperrt, ein Fotograf war damit beschäftigt, ihn abzulichten,
und an einer Seite warteten die Kriminaltechniker darauf, mit
ihrer feinen Detailarbeit zu beginnen und jeden
Quadratzentimeter nach etwaigen Spuren abzusuchen, die der
Mörder hinterlassen hatte.
Wieder war das Opfer weiblich.
»Karen Nakamura«, berichtete einer der uniformierten
Officers am Tatort. »Dreiundfünfzig, laut ihrem Führerschein.
Sie wohnt drüben in der Kearny, Telegraph Hill, in einer dieser
Eigentumswohnungen mit Blick auf das Wasser.«
Es bedeutete, dass sie recht vermögend war. Diese
Eigentumswohnungen waren nicht gerade billig. Darryl streifte
ein Paar Wegwerflatexhandschuhe über, musterte die Leiche
und schärfte sich ein, dass er ein Cop und es sein Job war,
seine eigenen Gefühle beiseite zu schieben und sie mit einem
leidenschaftslosen Auge zu betrachten, dem kein wichtiger
Hinweis entgehen würde. Stichwunden, seltsam geformt wie
bei den anderen, und feuchte Flecken an ihrer
Designerkleidung.
»Fällt Ihnen auf, was anders ist?«, fragte Monroe Jackson
ihn.
Darryl sah sich am Tatort um. Eine stille Straße, keine
sichtbaren Zeugen, eine Frauenleiche. Er wollte schon
eingestehen, dass er es nicht wusste, als er plötzlich begriff.
Die Straße war nebelverhangen und dämmerig, aber es war
noch immer Tag. Die anderen Morde waren alle im Schutz der
Nacht verübt worden.
»Es ist Tag«, sagte er leise.
Johnson nickte. »Der Kerl wird dreister. Oder
rücksichtsloser.«
»Oder beides.«
»Sein Tempo nimmt außerdem zu«, sagte Lorraine hinter
ihnen. »Diesmal hat er nicht einmal volle vierundzwanzig
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Stunden gewartet. Der Drang zum Töten war zu stark, um ihm
zu widerstehen. Er musste sich ein weiteres Opfer suchen.
Vielleicht ist nun ein Teil des Drucks abgebaut, aber vielleicht
wird er heute Nacht noch einmal zuschlagen.«
»Wir müssen diesen Kerl von den Straßen holen«, meinte
Stephanie, die zu ihnen trat.
»Das ist genau das, was ich gesagt habe«, nickte Lorraine.
»Worauf warten wir dann noch?«
»Befragen die uniformierten Kollegen die Nachbarschaft?«,
wollte Johnson von ihr wissen.
»Ja. Sie werden uns informieren, wenn sich etwas Neues
ergibt. Wir können nicht zulassen, dass die Zahl der Opfer
noch weiter steigt, Leute. Sie ist bereits viel zu hoch.«
Einen kurzen, unwillkommenen Moment sah Darryl wieder
das Haus im Tenderloin District vor sich, wo die
Überschwemmung des Kellers die Überreste von fast fünfzig
Mordopfern ans Licht gespült hatte. Er hatte in der letzten Zeit
kaum an diesen Fall gedacht, weil er so mit dem aktuellen
beschäftigt gewesen war. Hundert Jahre alte Skelette lieferten
nur wenige Hinweise, und Zeugen für ein Verbrechen, das vor
einem Jahrhundert begangen worden war, waren schwer
aufzutreiben. Es gab gewiss Leute, für die eine Aufklärung
wichtig war: Nachkommen der Opfer, deren Familien nie
erfahren hatten, was aus ihren Liebsten geworden war.
Beerdigungen mit leeren Särgen, gebannt auf Fotos, die
schwierige Fragen aufwarfen, aber keine Antworten lieferten.
Aber er wusste,  wer auch immer diese fünfzig ermordet
hatte, stellte keine Gefahr mehr dar. Er musste diesen so
genannten Nassmörder finden, bevor seine Opferzahl dieselbe
schreckliche Höhe erreichte.
»Scobie, Payzant«, sagte Lorraine, »Sie beide konzentrieren
sich auf Mrs. Nakamura. Lernen Sie sie kennen. Stellen Sie
fest, woher sie kam, wie sie lebte. Hatte sie eine Familie?
Einen Ehemann? Einen Geliebten? Überprüfen Sie sie. Finden
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Sie heraus, ob sie einen Job, ein Auto oder irgendwelche
Haustiere hatte. Nehmen Sie alles unter die Lupe.«
»Verstanden, Boss«, nickte Leonard Scobie.
»Der Rest von Ihnen hat Jobs zu erledigen, und Sie wissen,
was Sie zu tun haben«, fuhr Lorraine fort. »Ich will mehr über
diesen Kerl wissen, wenn die Sonne untergeht. Er wird wieder
töten, und ich will zur Stelle sein, um ihn aufzuhalten, bevor er
die Gelegenheit dazu bekommt.«
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COLE HATTE AN DIESEM MORGEN einen Spaziergang durch
den Tenderloin District gemacht und das Gebäude überprüft,
von dem Piper und Leo ihm erzählt hatten. Es war nicht schwer
zu finden. Das gelbe Absperrband der Polizei schützte noch
immer die Tür und die Fenster vor neugierigen Augen, und an
der Front des Nachbarhauses stand nach wie vor das Gerüst,
das den Sanierungsarbeiten diente, die für die
Überschwemmung des Kellers verantwortlich gewesen waren.
Aus dem Apartmentgebäude drang der schimmelige Gestank
des abgestandenen Wassers nach draußen, vermischt mit dem
Geruch verwester Knochen.
Als er es sich so gut es ging angesehen hatte, notierte er die
Adresse und ging in Richtung Rathaus. Der Tenderloin District
war eins von San Franciscos ärmsten Vierteln, viele
Sozialhilfeempfänger und Obdachlose lebten hier. An manchen
Morgen, diesen eingeschlossen, schienen mehr Menschen auf
den Straßen zu hausen als in irgendwelchen Wohnungen. Nur [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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