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weich werden ... Roberto sah jetzt Ferrante im Dunkeln vor dem Spiegel sitzen, in dem sich fr den, der
von der Seite hineinblickte, nur die davor gestellte Kerze spiegelte. Wenn man zwei brennende Kerzen
betrachtet, von denen die eine die andere nachfft, wird der Blick starr, der Geist lt sich betren, und
man sieht Visionen. Ferrante neigte den Kopf ein wenig zur Seite und sah Lilia im Spiegel sitzen, das
makellos weie Antlitz so von Licht berflutet, da es alle anderen Strahlen absorbierte, so da das glatt
zurckgestrichene blonde Haar wie eine dunkle Masse ber die Schultern flo und der Busen kaum zu
erkennen war unter einem leichten, schrg ausgeschnittenen Hauskleid ...
Dann aber wollte Ferrante (endlich! frohlockte Roberto) zuviel Gewinn aus der Eitelkeit eines Traums
ziehen, schob sich begierig direkt vor den Spiegel und erblickte hinter der gespiegelten Kerze nur die
eigene schamlose Fratze.
Wutschnaubend ber den Verlust eines unverdienten Geschenks griff er wieder nach ihrem Kamm, um
ihn lstern zu betatschen, doch jetzt, im ruigen Licht des verglimmenden Kerzenstummels, erschien ihm
dieser Gegenstand (der fr Roberto die anbetungswrdigste aller Reliquien gewesen wre) mit einemmal
wie ein zhnefletschendes Maul, das seine Trostlosigkeit verhhnte.
Der Garten der Lste
Bei dem Gedanken, da Ferrante eingeschlossen auf jener Insel sa, den Blick auf eine Tweede
Daphne gerichtet, die er nie erreichen wrde, und getrennt von der Signora, empfand Roberto,
konzedieren wir s ihm, eine tadelnswerter aber verstndliche Befriedigung, die nicht zu trennen war von
einer gewissen Befriedigung als Erzhler, war es ihm doch nun mit einer schnen Vertauschung gelungen,
seinen Widersacher in eine Lage zu bringen, die der seinen spiegelbildlich unhnlich war.
Du dort auf deiner Insel mit deiner ledernen Maske, du wirst das Schiff nie erreichen. Ich dagegen auf
meinem Schiff mit meiner Glsernen Maske, ich bin kurz davor, meine Insel zu erreichen - so sagte er
sich (ihm), whrend er sich zu einem erneuten Schwimmversuch rstete.
Er wute noch, in welcher Entfernung vom Schiff er sich verletzt hatte, und schwamm daher zunchst mit
ruhigen Zgen, die Maske am Grtel. Als er nahe beim Riff zu sein glaubte, setzte er sich die Maske auf
und machte sich an die Erkundung des Meeresgrundes.
Eine Zeitlang sah er nur Flecken, dann erblickte er pltzlich, gleich einem Seefahrer, der in einer Nacht
voller Nebel jh eine Stellkste vor sich aufragen sieht, das Ende des Abgrunds, ber dem er schwamm.
Er nahm sich die Maske ab, go das eingedrungene Wasser aus, setzte sie wieder auf, drckte sie sich
mit den Hnden fest ans Gesicht und schwamm mit langsamen Sten der Beine dem Schauspiel
entgegen, auf das er gerade einen ersten Blick hatte werfen knnen.
Das also waren die Korallen! Sein erster Eindruck, nach seinen Aufzeichnungen zu urteilen, war ein
verwirrtes Staunen. Er kam sich vor wie im Laden eines Tuchhndlers, der seine kostbarste Ware vor
ihm ausbreitete: Taft und Zindel, Samt, Brokat, Atlas, Damast, Stoffe mit Quasten, Troddeln und
Fransen, ganze Stolen, Chormntel, Kaseln, Dalmatiken. Aber die Stoffe bewegten sich aus eigenem
Leben mit der Sinnlichkeit orientalischer Tnzerinnen.
In diese Landschaft - die Roberto nicht beschreiben kann, da er sie zum erstenmal sieht und in seinem
Gedchtnis keine Bilder findet, die ihm gestatten, sie in Worte zu bersetzen - brach unvermittelt eine
Schar von Wesen ein, die er schon eher erkennen oder jedenfalls mit etwas schon Gesehenem
vergleichen konnte. Es waren Fische, die durcheinanderzuckten wie Sternschnuppen am Augusthimmel,
doch in der Auswahl und Zusammenstellung ihrer Tne und Zeichnungen schien es, als habe die Natur
demonstrieren wollen, welche Vielfalt an Farben es im Universum gibt und wie viele davon auf einer
einzigen Flche Platz finden.
Es gab bunt gestreifte Fische, sowohl lngs- wie quer- wie schrggestreifte, auch solche mit
wellenfrmigen Streifen. Es gab Fische, die nach Art von Intarsien gearbeitet schienen, bedeckt mit
Farbflecken in kapriziser Verteilung, einige krnig oder gesprenkelt, andere scheckig, gepunktet oder
gedert wie Marmor.
Wieder andere hatten Serpentinenmuster oder erschienen als ein Geflecht von mehreren Ketten. Es gab
Fische, die aussahen wie emailliert, besetzt mit Rundschilden und Rosetten. Und einer, der schnste von
allen, schien ganz umschlungen von Kordeln, die zwei Fden bildeten in den Farben von Trauben und
Milch, und es war ein Wunder, da der nach unten gewundene Faden es nicht ein einziges Mal
versumte, nach oben zurckzukehren, als wr s ein Werk von Knstlerhand.
Erst jetzt, als er unter den Fischen am Meeresgrunde die Formen der Korallen sah, die er auf den ersten
Blick nicht hatte erkennen knnen, unterschied Roberto Bananenbschel, Krbe mit groen und kleinen
Brotlaiben, Schalen mit bronzenen Mispelzweigen, zwischen denen sich Kanarienvgel, Eidechsen und
Kolibris tummelten.
Er befand sich ber einem Garten, nein, falsch, es schien ihm jetzt ein versteinerter Wald zu sein, aus
Ruinen von Pilzen gebildet - nein, noch anders, er hatte sich wieder getuscht, jetzt waren es Hgel,
Falten, Steilhnge, Senken und Hhlen, ein einziges Rutschen und Gleiten lebendiger Steine, auf denen
sich eine unirdische Vegetation in den verschiedensten Formen entfaltete, plattgedrckte, runde oder
schuppige Wesen, die aussahen, als trgen sie ein granitenes Kettenhemd, oder auch knorrige oder
zusammengeduckte, in sich zurckgezogene Gestalten. Doch so verschieden sie immer auch sein
mochten, alle waren sie von so betrender Anmut und Grazie, da selbst diejenigen, die scheinbar
nachlssig oder roh gezeichnet waren, ihre Roheit mit majesttischer Wrde zeigten, und wenn sie als
Monstren erschienen, so als Monstren an Schnheit. [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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